Grundbildungsinitiative der LEB im ländlichen Raum
Förderung von Grundkompetenzen bei Langzeitarbeitslosen in der Altmark
In der Zeit von Dezember 2013 bis September 2015 war die Ländliche Erwachsenenbildung in der Altmark Träger eines Alphabetisierungsprojektes und eröffnete damit lese- und schreibunkundigen Langzeitarbeitslosen neue Perspektiven.
Seit 2013 setzt sich die LEB in verschiedenen Projekten für eine nachholende Grundbildung und breite öffentliche Kommunikation des Phänomens „funktionaler Analphabetismus“ ein. Unter dem Titel „Grundbildungsinitiative der LEB im ländlichen Raum“ nutzen wir im aktuellen Projekt ab Januar 2019 unsere Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit Akteuren der Arbeitswelt, Jugend- und Sozialämtern der Landkreise wie auch Beratungsstellen (z. B. Verbraucherzentrale), um durch Bildungs- und Sensibilisierungsangebote die gesellschaftliche Teilhabe von funktionalen Analphabeten in den Regionen Altmark, Anhalt-Wittenberg und Harz zu fördern.
Für funktionale Analphabeten aus dem SGB II-Bereich bieten wir in Kooperation mit den Jobcentern in Salzwedel, Stendal und Wittenberg Kursmaßnahmen in Vollzeit über jeweils 9 Monate mit Grundbildungsangeboten im Umfang von 400 Stunden an. In diesen Kursen zeigen wir den Teilnehmer*innen, was sie bereits können und wie sie ihre Grundkompetenzen weiter verbessern, um die individuellen Herausforderungen im beruflichen und gesellschaftlichen Alltag zu bewältigen. Unterstützt wird dieses Lernangebot durch die Möglichkeit in begleitenden Praxiseinheiten Arbeitserfahrungen zu sammeln. Während der gesamten Maßnahme werden die Lernenden von uns sozialpädagogisch betreut. Darüber hinaus motivieren wir Kursabsolventen und weitere Interessierte ihre schriftsprachlichen Kenntnisse u. a. auch berufsbegleitend aufzufrischen bzw. zu erweitern. Das hierfür entwickelte zielgruppenunabhängige Kursangebot mit flexiblen bedarfsorientierten Modulen umfasst 60 Stunden.
Mit unseren Angeboten im Schwerpunkt der Sensibilisierung möchten wir in einen offenen Austausch zum Thema „Analphabetismus“ treten und ein Bewusstsein für die individuelle Situation der Betroffenen schaffen. In den Seminaren sensibilisieren wir beispielsweise Vermittler*innen und Berater*innen aus den Jobcentern zu den Erscheinungsformen des funktionalen Analphabetismus, um ihnen zu helfen betroffene Kunden zu erkennen und im persönlichen Gespräch über Hilfs- und Lernangebote zu informieren. Im Sinne der aufsuchenden Bildungsarbeit der LEB richten wir unsere Sensibilisierungsangebote überdies an Gruppen und Vereine im ländlichen Raum. Sie besitzen hier – als Orte gesellschaftlicher Teilhabe – eine wichtige Multiplikatorenrolle, die es ermöglicht nicht nur funktionale Analphabeten selbst, sondern auch Helfer*innen und Vertrauenspersonen Betroffener zu erreichen. Unsere Erfahrungen in der Sensibilisierung von z. B. Frauenzentren, Gruppen der Arbeiterwohlfahrt, Volkssolidarität und anderen regionalen Verbänden zeigen, dass es im Kreis ihrer Mitglieder bereits vielfältige Berührungspunkte zum „funktionalen Analphabetismus“ gibt. Gleichzeitig wird aber nur selten offen und aktiv mit erkannten Problemen in der Schriftsprache umgegangen. Mit unseren Angeboten möchten wir dieser Scham und Tabuisierung entgegen wirken. Die Teilnehmer*innen sollen angeregt und motiviert werden selbst über das Thema aufzuklären und funktionale Analphabeten zum nachträglichen Schriftspracherwerb bzw. zur Inanspruchnahme dauerhafter Lernangebote zu ermutigen. In den Veranstaltungen verdeutlichen insbesondere Texte von Lernenden und ehemaligen funktionalen Analphabeten, dass Betroffene zu keiner Zeit ihre Lese- und Schreibschwierigkeiten angesichts der vielschichtigen Herausforderungen im privaten wie beruflichen Leben als unüberwindbar hinnehmen sollten.
Projektzeitraum: 01.01.2019 - 31.12.2021
Sie möchten gerne mehr über uns und unser Projekt erfahren?
Nehmen Sie direkt Kontakt mit uns auf. Ansprechpartner ist Herr Dr. Ralf Gladigau.
Das Projekt wird aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Landes Sachsen-Anhalt gefördert.
Vorbemerkung
Analphabetismus ist kein Randphänomen der Gesellschaft. Eine Studie der Universität Hamburg aus dem Jahr 2011 deckte auf, dass 7,5 Mio. Erwachsene zwischen 18 und 64 Jahren in Deutschland funktionale Analphabeten sind. Diese Personen können demnach Schrift, ob lesend oder schreibend, nicht in dem Maße anwenden, wie es gesellschaftlich für selbstverständlich erachtet wird. Dabei läuft heutzutage in einer Gesellschaft, die immerfort im Wandel ist und sich stetig weiterentwickelt ohne Schrift nichts mehr. Vergleichbar mit dem Leben auf einer einsamen Insel, sind von funktionalem Analphabetismus Betroffene abgeschnitten von gesellschaftlicher Teilhabe. Das Leben da draußen findet ohne sie statt. Aus diesem Grund ziehen sich viele des Lesens und Schreibens nicht mächtige Personen zurück, haben kaum soziale Kontakte, keine beruflichen Perspektiven und vereinsamen.
Das Projekt und seine Ziele
Dies sind nur einige Gründe, die Öffentlichkeit auf dieses sensible Thema aufmerksam zu machen und in den Blickpunkt zu rücken, damit Betroffene nicht länger vergessen werden und Unterstützung finden. Eine Anlaufstelle war bis vor kurzem die Ländliche Erwachsenenbildung (LEB), Kreisarbeitsgemeinschaft Stendal, die sich mit einem Projektvorhaben in der Altmark an der Initiative zur Alphabetisierung beteiligte. Der Fokus der Maßnahme lag auf der Arbeit mit den Betroffenen selbst. Hauptanliegen war es dabei, die Frauen und Männer bis zu sechs Monate lang in ihrem Lebensalltag zu begleiten und zu betreuen. Mit der Erstellung eines Kompetenzprofiles wurden die Stärken und Schwächen jedes Einzelnen gemeinsam mit dem pädagogischen Fachpersonal der LEB herausgearbeitet. Dieses bildete die Grundlage für die weitere gemeinsame Arbeit und sorgte für eine optimal zugeschnittene Qualifizierung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer, deren Hauptschwerpunkt die Alphabetisierungsarbeit einnahm. Je nach persönlicher Ausgangslage sollten die Frauen und Männer lernen, vorhandene Lese- und Schreibkompetenzen zu verbessern und die neu erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten im Alltag anzuwenden. Auch erste berufliche Erfahrungen sammelten die Teilnehmenden bereits schon im Laufe der Maßnahme.
Neben dem Erwerb von Lese- und Schreibkompetenzen spielte auch die Vermittlung alltags- und lebenspraktischer Aspekte, wie beispielsweise der Umgang mit dem PC und dem Internet, die Gesundheitsorientierung und –förderung als auch das Persönlichkeitstraining eine wichtige Rolle. Alle diese Aktivitäten zielten letztendlich darauf ab, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer besser als bislang im Stande sind, ihren persönlichen Alltag zu bewältigen und im zweiten Schritt den Widereinstieg in die Berufswelt zu ermöglichen.